Die Weigerung
In diesem Artikel möchten wir gemeinsam betrachten, warum wir uns anfänglich häufig gegen den Ruf wehren. Zusätzlich erforschen wir, welche Widerstände sich typischerweise zeigen, warum es wichtig ist sich diesen Widerständen bewusst zu sein und was wir tun können, um diesen Widerständen aktiv zu begegnen.
Lass uns eintauchen!
Die erste Heldenreise
Weisst du, dass jeder der diese Zeilen liest, bereits mindestens eine Heldenreise erfolgreich abgeschlossen hat? Die allererste Heldenreise eines jeden Menschen ist seine Geburt. Eingenistet im Mutterschoss, umgeben von einer bekannten Welt und vollständig genährt und versorgt, wächst ein junger Mensch für neun Monate im Bauch seiner Mutter heran. Er erkennt den Herzschlag seiner Mama, spürt die wärme ihres Körpers und erkennt vermutlich ihre Stimme, wenn sie mit ihm spricht. Er ist wohl behütet und sicher. Aber das wird sich bald ändern, denn etwas ruft ihn. Woher dieser Ruf stammt ist schwer zu sagen, vielleicht ist es das Schicksal oder Vorbestimmung. Ich glaube, es ist die göttliche Gnade. Denn keiner von uns sucht sich die Impulse aus, die an ihn herantreten. Wir wachen eines Tages auf und der Impuls ist da. Aber zurück zum jungen Menschen. Es kommt ein Tag, da tritt ein Impuls an ihn heran. Eine Einladung, vielleicht sogar eine Vorwarnung, dass sich bald etwas fundamental ändern wird in seinem Leben.
Nehmen wir einfach an, das junge Menschenskind kann diesen Prozess bewusst wahrnehmen und wir erhalten Einblick in seine Gedankenwelt. Vielleicht denk er sich: „Man, es ist eigentlich ganz schön hier. Es ist warm, ich werde getragen, ich bin genährt und umsorgt. Warum soll ich da nochmal was daran ändern? Lass mich hier bleiben und den Rest meiner Geschichte im Mutterleib erleben.“
Kurz: Er ist übergetreten in die nächste Etappe seiner Heldenreise, die Weigerung. Denn aus seiner Sicht ist sein Status Quo ziemlich gut. Er hat was er will und weiss gar nicht so genau, was es da noch zu erleben gäbe. Könnte man es ihm da verübeln, dass er diesem Ruf nicht sofort folgt?
Die Widerstände
Auch in unserem Leben als Erwachsene, zeigt sich dieser Prozess. Da Leben wir unser Leben, sind zufrieden und finden uns in unserem Alltag zurecht. Plötzlich ist er da! Der Impuls der uns einlädt, etwas zu ändern. Da ist es genau so verständlich, dass wir zuerst reserviert reagieren und uns fragen, wieso eigentlich? Vielleicht erlebst du das in deinem Leben auch ganz anders, du möchtest ganz unbedingt dem Ruf folgen und erlebst trotzdem Widerstände. Da finde ich es hilfreich, dir noch einmal vor Augen zu führen, dass auch du einmal als kleines Baby den Ruf im Bauch deiner Mutter gespürt und vermutlich mit gemischten Gefühlen darauf reagiert hast. Wenn du so möchtest, ist das einer der ersten Eindrücke, der deine Psyche geprägt hat. Und diese Kräfte wirken in deinem Leben, bewusst oder unbewusst .
Genau so wie das Baby keine Ahnung hat, was da mit der Geburt auf es wartet, so weisst auch du heute nicht, was im nächsten Schritt deiner Heldenreise auf dich wartet. Diese ganz ursprünglichen Anteile in uns, haben einen natürlichen Widerstand gegen Veränderung, denn jede Veränderung bringt neue Gefahren mit sich. So zeigen sich dann häufig Widerstände in ganz unterschiedlichen Formen und Farben. Sie stellen die hemmenden Kräfte in uns und der Welt dar, die versuchen, den Status Quo aufrecht zu halten und Veränderung zu vermeiden.
Von inneren und äusseren Widerständen
Es gibt zwei Ebenen auf denen diese Widerstände wirken können. Das ist einmal in uns, das heisst in unserer Psyche finden Prozesse statt, die versuchen uns von der Veränderung abzuhalten. Und andererseits gibt es Widerstände die von Aussen an uns herantreten. Diese stammen von den hemmenden Kräften in der Welt, wie auch immer du diese nennen möchtest. Lass uns einmal betrachten, was das konkret heisst.
In welchen Formen zeigen sich die inneren Widerstände?
In der Form einer inneren Stimme die sagt: das geht nicht, ich schaffe das nicht, ich weiss nicht wie, was wenn ich versage? etc.
In der Form von Ängsten: Die Angst zu Versagen, die Angst ausgelacht zu werden, die Angst nicht gut genug zu sein, die Angst vor unangenehmen Gefühlen und Schmerz, die Angst vor Verletzung, die Angst vor dem Ungewissen etc.
In Form von unbewussten Blockaden: Du vergisst einfach, dass du dich um etwas kümmern wolltest
In Form von Ausreden: Jetzt gerade habe ich keine Zeit; der Moment ist ungünstig; wenn ich nur mehr Geld hätte; wenn ich nur schlauer, besser, schneller, schöner wäre etc.
In Form von Selbstsabotage: Ich verdiene das nicht, ich habe es verdient zu leiden etc.
In Form von bewussten Blockaden: fehlende Klarheit, mangelndes Selbstbewusstsein, Perfektionismus, fehlende Selbstliebe, fehlende Verbindung zur eigenen inneren Führung
In Form von Krankheiten, Unfällen und anderen unglücklichen Begebenheiten
In welcher Form zeigen sich die äusseren Widerstände?
In Form von Gesellschaftlichem Druck, wie die Dinge zu sein haben
In Form von Gesellschaftlichen Konditionierungen und Erwartungen
In Form von äusseren Abhängigkeiten
In Form von äusseren Blockaden: Dein Auto geht kaputt, dein Laptop funktioniert plötzlich nicht mehr etc.
In from einer Kündigung, einer Todesfalles in der Familie, einer Trennung etc.
Das ist bei weitem keine abschliessende Liste und soll dir nur einige Anhaltspunkte geben, wo du in deinem Leben Widerstände entlarven könntest.
Wichtig ist, dass wir uns immer daran erinnern, dass die Widerstände uns nicht per se Schaden wollen. Viel mehr arbeiten sie als Schutzmechanismen und stellen sicher, dass wir nicht ständig blind in unkluge Situationen geraten, die uns Schaden können. Wichtig ist auch, sich immer wieder vor Augen zu führen, dass Widerstände im Grunde genommen nicht die Kraft haben uns aufzuhalten. Sie sind wie eine Fata Morgana die uns etwas vorgaukelt, was in Wahrheit nicht so ist. Das sollt nicht heissen, dass deine Ängste nicht real sind, sondern nur, dass du immer die Fähigkeit hast, etwas daran zu ändern. Wir sind den Widerständen nicht hilflos ausgeliefert. Manchmal jedoch hilft es, einen kleinen Hilfeschub von aussen zu erhalten. Da kommt die nächste Etappe und der Mentor ins Spiel. Aber dazu mehr im nächsten Artikel.
Warum ist es wichtig, sich seiner Widerstände bewusst zu sein?
Wiederstände gehören einfach zu diesem Prozess mit dazu. Keine Reise die es wert ist, erlebt zu werden, wird ohne Widerstände ablaufen. Je besser wir unsere Widerständen kennen, desto besser können wir mit ihnen umgehen. Lass uns das als Kampf zwischen dir und einem Gegner betrachten. Aus der Kriegskunst weiss man: je besser man seinen Gegner kennt, desto leichter kann man ihn besiegen. Warum bringe ich diese Analogie? Ganz einfach, weil dein Gegner dich in- und auswendig kennt. Dein Gegner ist ein Teil deines Wesens, der immer zuhört, alle deine Gedanken und Gefühle kennt. Er kennt deine Wünsche und Sehnsüchte und er kennt deine Ängste. Er kennt deine Stärken und deine Schwächen. Und glaube mir, er wird dich immer da zu packen versuchen, wo deine Schwachstellen sind.
Folge also den Regeln der Kriegskunst und lerne deinen Gegner kennen. Je besser du deinen Gegner (also eigentlich dich) kennst, desto besser wirst du seine Taktik durchschauen. Je mehr du erkennst, was er plant, desto leichter kannst du Gegenmassnahmen einleiten.
Die Kunst des Krieges? Wirklich?
Ja ich weiss, vielleicht etwas martialisch, aber trotzdem passend und sehr effektiv, wenn du das Prinzip dahinter verstehst. Wie also, kannst du vorgehen?
Studiere deinen Gegner, blicke auf dein Leben zurück und analysiere welche Widerstände dich typischerweise davon abhalten das zu tun, was du tun möchtest. Was sind deine Schwächen, was deine Stärken? Zu welcher Tageszeit gibst du am leichtesten auf, wann fällt es dir hingegen leichter, deine Vorhaben tatsächlich umzusetzen? Je tiefer du tauchst, desto leichter wird es dir im nächsten Schritt fallen, deine Strategie auszuarbeiten.
Deine Strategie:
Nehmen wir an, du möchtest eine tägliche Meditationspraxis in dein Leben integrieren. Du hast das schon einmal versucht, aber es ist dir nicht gelungen, weil du es einfach vergessen hast. Morgens noch daran gedacht, ist es abends zwischen deinen Plänen und dem Alltag vergessen gegangen. Was kannst du tun?
Du könntest direkt morgens meditieren.
Du könntest dir einen Wecker stellen, der dich abends daran erinnert, zu meditieren.
Du könntest dir einen Zettel and deine Eingangstür hängen, der dich ans Meditieren erinnert.
Dein Gegner versucht hier also mit Ablenkung, dein Vorhaben zu verhindern. Deine Gegenmassnahme ist eine Ablenkung zu verunmöglichen.
Wenn du so vorgehst und für alle Widerstände Strategien entwickelst, wirst du diesen Kampf unweigerlich Gewinnen.
Das wars jetzt aber auch mit dem Abtauchen in die Kriegskunst. Lass uns noch betrachten, warum wir überhaupt dem Ruf folgen sollten. Wäre es nicht leichter, einfach den Status Quo aufrecht zu erhalten?
Das Leben ruft und ich antworte nicht, so einfach!
Lass uns den Kreis schliessen und noch einmal zum Baby, im Bauch seiner Mutter, zurückkommen. Was wäre denn, wenn es einfach da bleibt? Einerseits wäre die Mutter vermutlich nicht so glücklich damit und andererseits findet da kein Leben statt. Was wäre denn der Sinn des Lebens, wenn wir herkommen würden und uns niemals aus dem Leibe unserer Mutter hinaus in die grosse, kalte und manchmal harte Welt begeben würden? Wie witzlos wäre die Existenz wenn das alles wäre, was es gibt?
Blicke auf dein Leben zurück. Welche Momente bleiben dir am meisten in Erinnerung? Welche Geschichten sind es wert, erzählt zu werden? Sind es die Momente in denen du sicher und bequem Zuhause eingekuschelt warst, die dir in zwanzig Jahren noch in Erinnerung bleiben? Sind es die Geschichten, in denen keine Spannung, kein Drama, kein Schmerz und kein Risiko vorhanden ist, die du voller Stolz deinen Kindern erzählen wirst?
Oder sind es die Momente und Geschichten in deinem Leben, die dich an deine Grenzen gebracht haben? Die Geschichten die alles von dir verlangt haben und wahrscheinlich zum Zeitpunkt des Erlebens gar nicht so witzig waren. Sind nicht sie es, die dich zu dem Menschen gemacht haben, der du heute bist?
Folge deinem Ruf, denn wer sich von seinen Wiederständen einlullen und entwaffnen lässt, endet an einem Punkt, wo er vom Helden seiner Geschichte zur Prinzessin im Turm wird. Er muss dann auf die göttliche Gnade hoffen, die ihm einen weiteren Ruf sendet und ihn einlädt, seine Bestimmung doch noch zu erfüllen und sich selbst aus dem Turm der Untätigkeit zu befreien.
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